Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Ralph Saxe |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.10.2017, 14:57 |
A8: Umweltbezogenen Anteil bei den Hafengebühren für die Bremischen Häfen stärken, Landstrom ausbauen
Antragstext
Die meisten Schiffsemissionen entstehen in unmittelbarer Küstennähe, von wo aus
sie weit ins Landesinnere getragen werden. Global betrachtet werden 80 Prozent
aller Schiffsabgase in einer Entfernung von nur 400 Kilometern zur Küste
ausgestoßen. In der Nordsee sind es sogar bis zu 90 Prozent der
Schiffsemissionen, die innerhalb von nur 90 Kilometern Entfernung zur Küste
emittiert werden, was sie für Mensch und Natur besonders gefährlich macht. Da 85
Prozent aller Schiffsemissionen in der nördlichen Hemisphäre entstehen, besteht
in Europa und in Deutschland mit seiner großen Frachtschiffflotte dringender
Handlungsbedarf für Reedereien, Hafenbetreiber und Politik. Wissenschaftler des
dänischen Center for Energy, Environment and Health (CEEH) haben herausgefunden,
dass Schiffsemissionen allein in Europa für bis zu 50.000 vorzeitige Todesfälle
jährlich verantwortlich sind. Stickoxide sind mitverantwortlich für die Bildung
von bodennahem Ozon und sauren Regen. In Hamburg emittierte nach Angaben der
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt im Jahr 2008 oder 2009 der
Schiffsverkehr ungefähr 38 Prozent der Stickoxidemissionen. Ohne Gegenmaßnahmen
werden die klima- und gesundheitsschädlichen Abgase von Kreuzfahrt- und
Frachtschiffen im Jahr 2020 die Emissionen aller anderen Quellen in der EU
übertreffen. Diese Abgasmengen müssen deutlich reduziert werden.
Mit ihren innerstädtischen Lagen haben die Bremischen Häfen eine besondere
Verantwortung gegenüber Ihren Anwohnerinnen und Anwohnern. Darum ist es wichtig,
zum Schutz von Umwelt und der Gesundheit die Ökologisierung der Bremischen Häfen
voranzutreiben und die Luftverschmutzung durch die Häfen zu verringern.
Die Mehrheit der ökologischen Standards, die für die Seeschifffahrt gelten, das
heißt technische Vorgaben, Grenzwerte oder Schadstoffrichtlinien, werden auf
internationaler Ebene durch die internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO)
geregelt. Vor diesem Hintergrund sind die Hafen- und Liegegebühren ein wichtiges
Steuerungsinstrument, das im Einflussbereich der der Hafenstädte liegt.
Das Land Bremen hat im Rahmen seiner Bemühungen 2012 wie inzwischen 50 andere
Hafenstädte die Möglichkeit für eine umweltbezogene Raumabgabe geschaffen. Dabei
erhalten besonders umweltfreundliche Schiffe laut ESI-Einstufung Rabatte.
Vorbildlich LNG-betriebene Schiffe erhalten größere Rabatte. Ziel ist es, das
Schiffe mit besonders niedrigen Emissionswerten weniger Raumgebühr zahlen als
diejenigen, die die Umwelt stärker belasten. Durch den ESI (Environmental Ship
Index) wird festgestellt, welche Schiffe bessere Emissionswerte aufweisen, als
die von der IMO (International Maritime Organisation) festgelegten Richtwerte
für Stickstoff- und Schwefeloxide. Die Höhe der Einstufung (ESI-Punkte) richtet
sich dann nach den ermittelten Werten. In den Bremischen Häfen erhalten
allerdings nur die saubersten 25 Schiffe diese Rabatte. Diese Beschränkung macht
so keinen Sinn mehr.
Hamburg führt ab 2018 zusätzlich zu den ESI-Rabatten eine Umweltkomponente auf
das Hafengeld ein. Schiffe, die mit sauberen Technologien Emissionen einsparen,
sollen bei den Hafengebühren entlastet werden. So werden im
Nutzungsentgeldsystem finanzielle Anreize für den Einsatz von Schiffen
geschaffen, die die Schadstoffemissionen gering halten. Auch wenn die
Hafengebühren nicht der Hauptkostenfaktor für Seeschiffe sind, wäre dies ein
gutes Signal für bessere Luft in den Häfen, den Schutz von Umwelt und
Gesundheit. Der Verwaltungsaufwand könnte vergleichsweise hoch sein. Es gibt
rechtliche Bedenken, ob das gewählte Bonus-Malus-System rechtlich zulässig ist.
Es ist zweifelhaft, ob bei der Einhaltung gesetzlicher Forderungen ein Malus
verhängt werden kann. Alternativ wären die Ausweitung der ESI-Rabatte und der
Wegfall der möglichen Fallzahl von 25 Schiffen in der Hafengebührenordnung ein
möglicher Weg.
In Bremerhaven gibt es ein Landstromangebot für kleinere Schiffe. Ein
Landstromangebot für größere Schiffe wurde vor Jahren geprüft. Die Bewertung sah
damals technische Probleme und keine sogar gut ökologische Werte aufgrund des
angebotenen Strommixes. Dadurch, dass Landstrom vor Ort weitgehend emissionsfrei
ist, schützt das die Umwelt und die Gesundheit von Anwohnerinnen und Anwohnern
sowie der Besatzungen und HafenarbeiterInnen. Ein möglichst hoher Anteil an
Strom aus erneuerbaren Energien ist entscheidend für die Ökobilanz. So lange die
Erzeugung von Strom an Bord günstiger ist als der Bezug von Land ist die Abnahme
von Landstrom nur über finanzielle Anreize zu steuern.
Die Landesmitgliederversammlung fordert
- die zeitnahe Ausweitung des umweltbezogenen Anteils bei den Hafengebühren
der Bremischen Häfen, die sich am IAPP-Wert (International Air Pollution
Prevention Certificate) orientieren kann, welcher Stickstoffoxide
klassifiziert. Das Hamburger Modell ist sowohl rechtlich wie vom
Verwaltungsaufwand zu bewerten. In zwei Schritten für zunächst 15 % und
ein Jahr später für 20 % Anteil dieser Umweltkomponente an den
Hafengebühren könnte es einen Rabatt von 30 Prozent auf umweltfreundliche
Schiffe geben. Umweltschädliche Schiffe würden darauf einen Aufschlag von
15 % leisten (Bonus-Malus-System). Alternativ ist die Ausweitung der ESI-
Rabatte möglich. Den Wegfall der Beschränkung auf 25 Schiffe für diese
ESI-Rabatte in der Hafengebührenordnung fordern wir unverzüglich. Die
Hafenverwaltung wird aufgefordert, bis zum 30.6. 2018 unter Prüfung des
Kosten-Nutzen-Verhältnisses eine passende Lösung für die Bremischen Häfen
vorzulegen, die so rasch wie möglich umgesetzt werden kann.
- Die Wirkung, Kosten und der Nutzen einer solchen Umweltkomponente sind
fortlaufend zu evaluieren.
- Der Aufbau einer Landstrominfrastruktur in Bremerhaven soll erneut geprüft
und bewertet werden.
Begründung
Begründung erfolgt mündlich.
Unterstützer*innen
- Sülmez Dogan
- Jens Schabacher
- Michael Labetzke
- Ulrike Liebert
- Thomas Schäfer
- Petra Fritsche-Ejemole
- Nima Pirooznia
Kommentare
Tim Hennings:
Z64 hat sich ein Fehler eingeschlichen. IAPP-Wert gibt es nicht. Das IAPP (International Air Pollution Prevention)-Zertifikat bestätigt lediglich die Einhaltung von MARPOL Annex VI (Prevention of Air Pollution from Ships) und enthält keine Angaben zur Energieeffizienz oder Verschmutzungsgrad des Schiffes.
Der EEDI (Energie Efficiency Design Index) wird nur für Neubauten benötigt, nicht jedoch für Bestandsschiffe. Diese Arbeiten mit einem EEOI (Energie Efficiency Operating Index). Da der EEOI jedoch auch die Ladungsmenge beinhaltet, sind die Reedereien bei der Berechnung den Befrachtern ausgeliefert.
Beim Clean Shipping Index bin ich mir nicht sicher, wie das extern überprüft wird.
Grundsätzlich finde ich die Idee, umweltfreundliche Schiffe zu belohnen, richtig. Allerdings geht es hier mehr um die Symbolik, die tatsächlichen positiven Effekte sind gering (weil dieser Beitrag an den Schiffskosten nur einen minimalen Anteil hat). Reicht uns das?