Die Landesmitgliederversammlung besitzt kein Recht in die satzungsgemäße Autonomie der Kreisverbände einzugreifen.
Daher verstößt der Antrag in seiner ursprünglichen Form gegen die Satzung des Landesverbandes.
Antrag: | Konsequenzen aus der Bundestagswahl ziehen! |
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Antragsteller*in: | Maximilian Thieme (Bremen-Nordost KV) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 04.11.2017, 17:44 |
Bürgerinnen und Bürgern organisieren. Die Landesmitgliederversammlung fordert deshalb den Landesvorstand und die Untergliederungen der Partei auf, die gemeinsame Arbeit in den nächsten sieben Monaten (bis zur Sommerpause 2018) in folgenden Schritten zu strukturieren:
Kreisverbände/Stadtteilgruppen laden mit Unterstützung des Landesvorstandes zu offenen „Stadtteilkonferenzen“ mit Gästen ein, um eine aktuelle Problemanalyse der jeweiligen Quartiere zu bekommen („Ratschlag unter Freunden“).
I.
Sehr viele Mitglieder der Grünen haben in Bremen einen engagierten Wahlkampf
gemacht. Damit haben wir das Bremer Mandat verteidigt und zum insgesamt guten
Ergebnis der Grünen beigetragen. Dennoch dürfen wir uns mit dem schlechteren
Ergebnis gegenüber 2013 nicht einfach abfinden, müssen uns die hohen Verluste in
den grünen „Hochburgen“ zu denken geben, besonders im „Viertel“, aber auch in
der Neustadt.
Wir sollten die Ursachen für unser Bremer Ergebnis nicht einfach in der
allgemeinen Großwetterlage (wie der unklaren Bündnis- und Machtoption) suchen,
sondern auch in unserer Landes-, Kommunal- und Stadtteilpolitik in Bremen und
Bremerhaven. Da ist die öffentlich sehr kontrovers diskutierte Bilanz der rot-
grünen Regierungsarbeit (in Land und Stadt Bremen) zu nennen, die die
Diskussionen an den Wahlkampfständen diesmal stark bestimmt hat. Unser Wahlkampf
hat darauf zu wenig geantwortet, es fehlten die mobilisierenden Inhalte, die
flexibel auf die aktuellen Ereignisse reagierten hätten (Stichwort: Klimakrise).
Zugespitzt: Zu viel nur Moderation, zu wenig politische Führung.
Wir müssen selbstkritisch feststellen, dass die Grüne Partei insgesamt in Bremen
– im Land und in der Stadt – gegenwärtig öffentlich zu wenig als die gestaltende
politische Kraft wahrgenommen werden konnte, die unser Anspruch und unsere
Aufgabe ist.
II.
Verlauf und Ergebnis des Bremer Bundestagswahlkampfs sind eine deutliche und
dringende Aufforderung an uns Grüne in Bremen, in den kommenden sechs bis zwölf
Monaten unsere Politik zu überprüfen und gezielt zu verbessern, um selbstbewusst
mit grünen Zielen und Vorschlägen in die nächste Bürgerschaftswahl 2019 gehen zu
können. Wir müssen uns auf einen eigenständig grünen Wahlkampf vorbereiten, mit
dem klaren Ziel, auch zukünftig die Politik in Bremen und Bremerhaven
verantwortlich mitzugestalten. Denn eine ökologisch verantwortliche
Stadtentwicklung, eine nachhaltige und ausgewogene Finanzpolitik und eine
Sozialpolitik gerade für diejenigen, die sie am dringendsten benötigen: Das gibt
es nur mit starken Grünen.
Auch deshalb sollten wir gemeinsam klarer und selbstbewusster als bisher die
Erfolge der grünen Regierungsbeteiligung in Land und Stadt Bremen hervorheben:
Die Einhaltung des Sanierungskurses, auch als Voraussetzung der erfolgreichen
Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen; die Schaffung der Voraussetzungen
für steigenden Wohnungsbau bei gleichzeitiger größtmöglicher Schonung der
Freiflächen und der städtischen Umwelt; die den Menschen zugewandte Aufnahme
vieler Flüchtlinge und ihre beginnende Integration – um hier nur einige
wesentliche Punkte zu nennen.
Gleichzeitig aber benennen wir auch Fehler, Mängel und dringende
Handlungserfordernisse klar und verpflichten uns, an Lösungen zu arbeiten. Wir
stellen uns den unvermeidlichen Zielkonflikten einer wachsenden und
solidarischen Stadt und übernehmen Verantwortung auch mit schwierigen
Entscheidungen. Denn unser Wählerauftrag ist gutes Regieren.
Die Landesmitgliederversammlung fordert daher Landesvorstand,
Bürgerschaftsabgeordnete, die grünen Mitglieder des Senats und die grünen
Beiräte auf, je nach Verantwortungsbereich, gemeinsam unter anderen folgende
dringenden Vorhaben – Klärung und/oder Umsetzung – im kommenden Jahr in Angriff
zu nehmen:
1. Stadtteilbezogene Darstellung der Investitionen Bremens (2018 und 2019);
fortlaufende, vorausschauende und zeitnahe Berichterstattung im Internet über
die Fortschritte in Planung und Bau; auch als Grundlage einer grünen
Schwerpunktbestimmung der kommenden Jahre.
2. Weiterentwicklung – unter anderem durch einen „grünen Ratschlag“ – von
internetbasierten Serviceleistungen für Bürgerinnen und Bürger, bei
Gewährleistung des Zugangs für alle, unabhängig von Ausbildung, Muttersprache
und sozialer Lage.
3. Unabhängig davon kurzfristig erkennbare Beschleunigung bei der Bewilligung
vor allem von Elterngeld und Wohngeld.
4. Erarbeitung von neuen und zeitgemäßen Vorschlägen für eine ökologisch
orientierte und frauenspezifische Wirtschaftsförderpolitik in Bremen.
5. Fortschreibung des Klima- und Energieprogramms, mit Bilanz der bremischen
CO2-Entwicklung und Maßnahmenpaket zur Erreichung der Klimaschutzziele nach dem
Bremischen Klimaschutzgesetz.
6. Aktionsplan für mehr Grün und Baumschutz in Bremen, Verabschiedung einer
Gründachsatzung im Rahmen der Novellierung der Landesbauordnung.
7. Sicherstellung der politischen Leitbildumsetzung (Stärkung der Innenstadt als
Ganze) bei der städtebaulichen Entwicklung der Innenstadt durch Investoren.
8. Maßnahmenplan mit ausgewiesenen Flächen zur Förderung der Artenvielfalt und
der „essbaren Stadt“.
9. Entwicklung eines städtebaulichen Konzeptes für die Rennbahn mit einem
Schwerpunkt der Ansiedlung von Beschäftigten der Betriebe in Hemelingen und
Sebaldsbrück.
10. Neuordnung der Eigentumsverhältnisse bei Brebau und Gewoba ohne
Zugriffsmöglichkeiten für Finanzinvestoren.
11. Umsetzung von Tempo 30 vor allen Schulen und Kitas, Krankenhäusern und
Seniorenheimen.
12. Beschleunigung beim notwendigen Um-, An- und Ausbau von Schulen und
Kindergärten, vor allem auch in den neu geschaffenen Ganztagsgrundschulen, durch
ressortübergreifende Straffung der Verfahren ähnlich wie bei der Schaffung von
Flüchtlingsunterkünften.
13. Beitrag zur dringend erforderlichen Diskussion mit allen Beteiligten, vor
allem der Lehrerschaft, über die tatsächlichen Ursachen der Ergebnisse von
bundesweiten Leistungsvergleichen und über Möglichkeiten der Verbesserung der
Qualität im Schulunterricht.
14. Erarbeitung des grünen Standpunktes zur Weiterführung des „Schulkonsenses“
in Bremen (Zwei-Säulen-Modell, Inklusion u.a.).
15. Verlässliche Organisation von nachhaltigem Sprachunterricht und der
Vorbereitung auf auf- und nachholende Schulabschlüsse für junge Geflüchtete, um
die Ausbildungschancen zu erhöhen; Unterstützung bei der Suche und der
Wahrnehmung von Lehrstellen.
16. Bessere Unterstützung von alleinerziehenden Frauen, u.a. durch Ausbau der
Teilzeitausbildung und zunächst modellhafter Einführung randzeitenorientierter
Kinderbetreuungsangebote; gezielte Maßnahmen für geflüchtete Frauen
(berufsspezifischer Spracherwerb und Anerkennung von Qualifikationen.
17. Erarbeitung eines Spielraum- und Freiraumförderkonzeptes („Stadt in
Bewegung“); Umsetzung zunächst in zwei bis drei Stadtteilen.
18. Verabschiedung eines Landesaktionsplans zur Umsetzung der
Behindertenrechtskonvention.
III.
Wir müssen vordringlich einen neuen Schub des Meinungsaustausches mit
Bürgerinnen und Bürgern organisieren. Die Landesmitgliederversammlung fordert
deshalb den Landesvorstand und die Untergliederungen der Partei auf, die
gemeinsame Arbeit in den nächsten sieben Monaten (bis zur Sommerpause 2018) in
folgenden Schritten zu strukturieren:
Kreisverbände/Stadtteilgruppen laden mit Unterstützung des Landesvorstandes zu
offenen „Stadtteilkonferenzen“ mit Gästen ein, um eine aktuelle Problemanalyse
der jeweiligen Quartiere zu bekommen („Ratschlag unter Freunden“).
Die Landesarbeitsgemeinschaften werden aufgefordert, mindestens je eine
öffentliche Diskussion zu organisieren zu einem wesentlichen aktuellen
Problem/Kontroverse.
Im Mai und Juni werden jeweils an einem Wochenende an möglichst vielen Punkten
Aktionen „(K)ein Wahlkampfstand“ organisiert. Material: Bestandsaufnahmen in
verschiedenen Politikbereichen über das Erreichte, das (Noch-)Nicht-Erreichte
und die Aufgaben.
Im Juni vor der Sommerpause Organisation eines Programmkongresses auf der
Grundlage von Vorlagen der Landesarbeitsgemeinschaften, der Kreisverbände, der
Fachabgeordneten und der grünen Senatsmitglieder.
In der Sommerpause Verfassen des Programmentwurfs durch die zu wählende
Programmkommission, Diskussion in der Partei ab September und Verabschiedung im
November/Dezember 2018.
Die Landesmitgliederversammlung besitzt kein Recht in die satzungsgemäße Autonomie der Kreisverbände einzugreifen.
Daher verstößt der Antrag in seiner ursprünglichen Form gegen die Satzung des Landesverbandes.
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